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Spielzeugfreier Kindergarten: Lebenskompetenzen fördern – aber nur mit der richtigen Unterstützung

  • Autorenbild: Alliance Enfance
    Alliance Enfance
  • vor 4 Tagen
  • 3 Min. Lesezeit

Der spielzeugfreie Kindergarten ist ein in einigen Deutschschweizer Kantonen verbreitetes Gesundheitsförderungsprojekt. Dies soll den Kindern durch den Verzicht auf vorgefertigte Spielsachen mehr Raum fürs freie Spielen, Kreativität und Selbstständigkeit geben. Eine aktuelle Studie zeigt, dass die Wirkung stark von der Qualität der Lehrperson-Kind-Interaktion abhängt und dass die Wirkung nicht bei allen Kindern gleich ist.


Kinder die ohne Spielzeug spielen und lachen.
Foto: Shalev Cohen | unsplash.com

 Ein Beitrag von Sonja Perren, Universität Konstanz und Pädagogische Hochschule Thurgau

 

Im spielzeugfreien Kindergarten wird für acht bis zehn Wochen das vorgefertigte Spielzeug entfernt. Dies soll dem Konsumverhalten der Kinder entgegenwirken, ihre Lebenskompetenzen fördern und ihre psychische Gesundheit stärken. Das Projekt ist in der Praxis beliebt und wird oft durchgeführt, aber die Wirksamkeit des Ansatzes ist ungenügend untersucht (Perren & Weiss-Hanselmann, 2023).


Lebenskompetenzen verändern sich – aber nicht bei allen Kindern gleich

Eine aktuelle Studie untersuchte, ob sich die Lebenskompetenzen, insbesondere Aufgabenorientierung und Empathie, der Kinder abhängig von ihrer Emotionsregulation verändern (Hart et al., 2024). Die Studie basierte auf einer Befragung von 24 Lehrpersonen zu 373 vier- bis sechsjährigen Kindern, durchgeführt zu Beginn und kurz vor Abschluss des Projekts. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Kinder insgesamt in ihren Lebenskompetenzen verbesserten, aber bei einigen Kindern sind die Lebenskompetenzen auch schlechter geworden (siehe auch Keller et al., 2022). Besonders interessant: Kinder mit geringer Emotionsregulation verbesserten sich im Laufe des Projekts stärker in diesen Bereichen (Hart et al., 2024).

 

Das Verhalten der Lehrperson ist der Schlüssel zum Erfolg

Die emotionale und verhaltensbezogene Unterstützung durch die Lehrpersonen erwies sich als entscheidend für den Erfolg des Projekts. Kindergärten mit einer hohen Interaktionsqualität lassen sich wie folgt beschreiben: Die Lehrperson unterstützt die Kinder sensibel, indem sie Schwierigkeiten der Kinder wahrnimmt und sie im Lösungsprozess begleitet. Sie nimmt die Interessen und Bedürfnisse der Kinder auf und passt die Aktivitäten entsprechend an. Kinder werden in der Regulierung ihres Verhaltens unterstützt durch klare und nachvollziehbare Regeln und Erwartungen. Es herrscht eine positive Stimmung zwischen Lehrperson und Kindern. In Kindergärten mit hoher Interaktionsqualität zeigten die Kinder signifikante Fortschritte in ihren Lebenskompetenzen. Wo die emotionale und verhaltensbezogene Unterstützung jedoch reduziert wurde, blieben positive Effekte aus (Keller et al., 2022).


Die Studie macht deutlich, dass nicht alle Kinder gleichermassen vom spielzeugfreien Kindergarten profitieren. Für eine erfolgreiche Implementierung des Projekts sollten Lehrpersonen gezielt geschult werden, um eine hohe Qualität der emotionalen und verhaltensbezogenen Unterstützung sicherzustellen.

 

Referenzen

  • Keller, R., Perren, S., & Nievergelt, M. (2022). Spielzeugfreier Kindergarten – ein Projekt zur Stärkung der Lebenskompetenzen im Kindergarten—Ergebnisse zu den Lehrpersonen- und Elternbefragungen sowie Beobachtungen der Lehrperson-Kind-Interaktionen 2020/21 [Forschungsbericht]. Pädagogische Hochschule Zürich. doi.org/10.5281/zenodo.6304570

  • Hart, L. M., Keller, R., & Perren, S. (2024). Spielzeugfreier Kindergarten: Differentielle Effekte eines Präventionsprojektes zur Stärkung der Lebenskompetenzen von Kindergartenkindern. Kindheit und Entwicklung, 33(2), 103–110. doi.org/10.1026/0942-5403/a000446

  • Perren, S., & Weiss-Hanselmann, B. (2023). Spielzeugfreier Kindergarten. In Socialnet Lexikon. www.socialnet.de/lexikon/Spielzeugfreier-Kindergarten


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