Noch nie wurde Technologie so intensiv genutzt wie heute. Deshalb ist es wichtig zu verstehen, wie sich diese auf die Entwicklung der Kinder auswirkt. In der jüngsten Studie des Teams von Nevena Dimitrova ging es darum herauszufinden, ob die «Technoferenz» (d. h. Interferenz durch Technologie) schädlichere Folgen für die Eltern-Kind-Kommunikation hat als nicht digitale Ablenkungen. Die Ergebnisse lassen darauf schliessen, dass es eher an der Ablenkung an sich und nicht an deren Quelle liegt.
Ein Beitrag von Nevena Dimitrova, Haute École de Travail Social et de la Santé de Lausanne (HES-SO)
Gemäss Literatur wird die Qualität der Interaktion, einschliesslich der Eltern-Kind-Kommunikation, beeinträchtigt, wenn ein Elternteil in Anwesenheit seines Kindes einen Bildschirm nutzt (Technoferenz). Ist aber elterliche Ablenkung durch Bildschirme schädlicher für die Eltern-Kind-Kommunikation als nicht digitale Ablenkung?
Vergleich verschiedener Formen der Ablenkung
Das Team der HES-SO hat 50 Eltern-Kind-Dyaden (Kinder im Alter von durchschnittlich 22 Monaten) gebeten, 10 Minuten gemeinsam zu spielen. Die Teilnehmenden wurden in drei Gruppen aufgeteilt. In der ersten Gruppe gab es keine elterliche Ablenkung. In der zweiten Gruppe hat der anwesende Elternteil nach fünf Minuten Spielzeit einen Fragebogen auf Papier erhalten. In der dritten Gruppe wurde der Elternteil ebenfalls nach fünf Minuten aufgefordert, den gleichen Fragebogen auf einem Tablet (d. h. Technoferenz) auszufüllen. Die Eltern, die den Fragebogen ausfüllten, wurden aufgefordert, weiterhin mit ihren Kindern zu interagieren.
Die Interaktion ist ausschlaggebend
Bei der Auswertung hat sich gezeigt, dass die Eltern deutlich weniger Worte an ihre Kinder richteten, wenn sie abgelenkt waren (ps≤.012). Die Technoferenz hingegen hat sich nicht stärker ausgewirkt als die nicht digitale Ablenkung. Allein die Tatsache, dass der Elternteil abgelenkt war, hat sich negativ auf die Eltern-Kind-Kommunikation ausgewirkt, unabhängig von der Quelle der Ablenkung.
Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass die Eltern-Kind-Interaktion optimal ist, wenn die Eltern nicht abgelenkt sind. Wir stellen fest, dass es nicht die Bildschirme an sich sind, die der Eltern-Kind-Kommunikation schaden. Die negativen Folgen für die Eltern-Kind-Kommunikation scheinen viel mehr daran zu liegen, dass sich der Elternteil nicht vollkommen der Interaktion widmet.
Referenz
Chamam, Souhir; Forcella, Alexia; Musio, Nadia; Quinodoz, Florence and Dimitrova, Nevena (2024). Effects of digital and non-digital parental distraction on parent-child interaction and communication. Frontiers in Child and Adolescent Psychiatry 3:1330331.
Links (open access)
Weiterführende Informationen
"News aus der Wissenschaft 1/2024 - Sprachentwicklung" als PDF herunterladen.
"News aus der Wissenschaft 2/2023 - Inklusion" als PDF herunterladen.
"News aus der Wissenschaft 1/2023 - Digitale Medien" als PDF herunterladen.
"News aus der Wissenschaft 2/2022 - Gesundheit" als PDF herunterladen.
"News aus der Wissenschaft 1/2022 - Integration" als PDF herunterladen.
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