Rund 100’000 Kinder in der Schweiz leben mit einem Elternteil, der Alkohol oder eine andere Substanz auf problematische Weise konsumiert und in einem grossen Teil der Fälle süchtig ist. Zahlreiche Organisationen und Institutionen aus den Bereichen Sucht, Familie, Kinder- und Jugendschutz wollen diesen Kindern eine Stimme geben und das Tabu brechen. Sucht Schweiz koordiniert auch in diesem Jahr eine Woche mit zahlreichen Aktivitäten, Veranstaltungen sowie Öffentlichkeitsarbeit rund um die Thematik «Kinder von Eltern mit Suchterkrankung».
Die «Aktionswoche für Kinder von suchtkranken Eltern» findet in der Schweiz seit 2019 statt und wird durch Sucht Schweiz koordiniert. Die Idee wurde von der amerikanischen National Association for Children of Addiction (NACoA) ins Leben gerufen. Seither wurde sie von vielen Ländern übernommen, eine Aktionswoche zu diesem Thema wird z. B. in Deutschland, den USA, Grossbritannien und Slowenien organsiert.
Wenn ein Elternteil alkoholabhängig ist, leidet die ganze Familie darunter: die betroffene Person, die Partner:innen sowie die Kinder. Für die Kinder bedeutet dies oftmals, dass das Familienklima angespannt, konfliktbeladen und unberechenbar ist. Sie sind täglich mit Angst, Scham, Schuldgefühlen und Unsicherheit konfrontiert und versuchen gleichzeitig, die Situation geheim zu halten, um ihre Eltern zu schützen.
Wichtige Erkenntnisse zu den Schutzfaktoren
Kinder von suchtkranken Eltern haben zwar ein höheres Risiko, später selbst ein Alkoholproblem zu entwickeln. Es wird geschätzt, dass dieses Risiko bis zu sechsmal höher ist als bei Kindern, die in einer Familie ohne Alkoholprobleme leben. Gleichzeitig muss jedoch betont werden, dass die Mehrheit der Kinder von suchtkranken Eltern als Erwachsene keine Sucht und/oder psychische Probleme entwickeln.
Kinder von alkoholabhängigen Eltern brauchen Unterstützung, um folgende zentralen Schutzfaktoren aufzubauen:
Austausch mit einer Vertrauensperson
Aufbau einer stabilen Beziehung zum nichtabhängigen Elternteil oder einer anderen erwachsenen Vertrauensperson
Strukturierter Tagesablauf (z.B. für Mahlzeiten) und familiäre Rituale (Feste, Aktivitäten)
Ein gutes Selbstbewusstsein
Vielseitige persönliche Interessen pflegen und Entwicklung von Selbstwirksamkeit
Fähigkeit, mit Schwierigkeiten umzugehen und um Hilfe zu bitten
Die Aktionswoche vom 13. bis 19. März 2023
Alle Organisationen und Institutionen aus den Bereichen Sucht, Familie, Kinder- und Jugendschutz oder verwandten Bereichen werden aufgerufen, sich an der Aktionswoche zu beteiligen. Auch Kantone, Gemeinden, Schulen sowie Berufsgruppen wie z.B. Ärzte und Apotheker können durch ganz unterschiedliche Aktionen ihren Beitrag leisten. Mit dieser Woche wollen die Veranstalter auf die Bedürfnisse der Kinder von suchtkranken Eltern aufmerksam machen, Fachleute, die mit Kindern und Familien arbeiten, vernetzen sowie Informations- und Sensibilisierungsmaterialien zur Verfügung stellen.
Wer sich angesprochen fühlt und einen Beitrag für die Aktionswoche leisten möchte, findet eine Sammlung an Projekten, welche im vergangenen Jahr realisiert wurden. Hierin findet man Umsetzungsbeispiele zu Aktionsständen, Konferenzen für Eltern oder Fachleute, Promotionen von bereits vorhandenem Informations- und Sensibilisierungsmaterial, zu Medienarbeit und Weiterbildungen. Diese vielseitigen Aktivitäten während der Woche vom 13. Bis 19. März 2023 werde in einem online-Veranstaltungskalender publiziert.
PAPA TRINKT. MAMA TRINKT - Nationales Programm für Kinder von Eltern mit Suchterkrankung betreffen
Sucht Schweiz führt seit Anfang 2022 ein nationales Programm für Kinder von Eltern mit Suchterkrankung durch. Dieses Programm weist folgende Schwerpunkte auf: Kommunikation (darunter die Aktionswoche), politische Aspekte, Vernetzung, Informationsmaterial und Schulungen. Das Programm trägt den Titel «PAPA TRINKT. MAMA TRINKT», weil er einfach und einprägsam ist und Kinder ansprechen soll. Obwohl das Programm alle Arten von Suchterkrankungen behandelt, konzentriert sich der Titel auf Alkohol: Bei drei Vierteln der betroffenen Kinder ist Alkohol das Problem. Eine Webseite für Kinder und Jugendliche wurde bereits eingerichtet, eine weitere ist aktuell in Planung. Hier werden wichtige Informationen bereitgestellt und Austauschmöglichkeiten mit anderen Kindern geschaffen.
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